Tanja Ruperti, Rechtsanwältin

Wenn der Chef zum Personalgespräch ruft

In ein Personalgespräch geht man selten gern. Vor allem nicht ohne Vorbereitsmöglichkeit. Muss ich diesem Wunsch meines Arbeitgebers überhaupt Folge leisten? Hier erfahren Sie alles zum Thema.

Inhalt

Vor dem Personalgespräch zum Rechtsanwalt!

Vermutlich kennen Sie die Situation: Der Chef bestellt Sie zum Personalgespräch – am besten: „Sofort!“ – und Sie folgen der Anweisung mit flauem Gefühl im Magen, weil Sie nicht wissen, was der Grund für das Gespräch ist. Völlig unvorbereitet sehen Sie sich dann regelmäßig mindestens zwei Vorgesetzten gegenüber – und vielleicht sogar noch einem Rechtsanwalt oder Vertreter des Arbeitgeberverbandes. Eine Situation, die wohl jeden überfordert und der man sich möglichst nicht aussetzen will. Bei einer so offensichtlich ungleichen Kräfteverteilung drängt sich die Frage auf, ob man überhaupt verpflichtet ist, an einem solchen Gespräch teilzunehmen und wenn ja, ob man nicht wenigstens das Recht auf einen Beistand hat, der gleichzeitig auch als Zeuge dient.

Ist die Teilnahme am Personalgespräch für mich Pflicht?

Ausdrückliche gesetzliche Regelungen zu dieser Frage gibt es bislang nicht. Das Recht des Arbeitgebers, mit einem Mitarbeiter ein Personalgespräch zu führen wird aus dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Gewerbeordnung) abgeleitet.
Danach hat der Arbeitgeber das Recht, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, soweit dies nicht bereits durch den Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, einen Tarifvertrag oder aufgrund gesetzlicher Vorschrift festgelegt ist. Im Rahmen dieses Weisungsrechts kann der Arbeitgeber Sie anweisen, während der Arbeitszeit zu einem Personalgespräch zu erscheinen.

Eine Pflicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch besteht für Sie also nur soweit Ihr Arbeitgeber mit Ihnen – während der Arbeitszeit – über Inhalte Ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses sprechen will (Arbeitszeit, Arbeitsort, Tätigkeit, Vergütung, Ordnung und Verhalten im Betrieb) und wenn es einen sachlichen Anlass für das Gespräch gibt. Die Anordnung des Personalgesprächs darf keinen schikanösen, maßregelnden Charakter (z.B. nach Ort, Termin, Dauer) haben.

Keine Pflicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch besteht für Sie darum immer dann, wenn Ihr Arbeitgeber mit Ihnen über etwas anderes sprechen will – insbesondere über eine Änderung Ihres bestehenden Vertrages oder gar über dessen Beendigung. Dies hat in einer aktuellen Entscheidung das Bundesarbeitsgericht festgestellt (BAG 23.6.2009 – 2 AZR 606/08). Das Weisungsrecht des Arbeitgebers, so das Bundesarbeitsgericht, bezieht sich nur auf die Konkretisierung des bestehenden Vertragsinhalts, nicht jedoch auf dessen Änderung.

Selbstverständlich sind Sie insbesondere nicht verpflichtet außerhalb Ihrer Arbeitszeit oder gar während Ihrer Krankheit zu einem Personalgespräch zu erscheinen. Ihr Arbeitgeber kann Sie auch nicht zu einem Personalgespräch wegen Ihrer Krankheit zwingen. Auch wenn sich ein solches Gespräch wegen Ihrer Krankheit im Rahmen  eines dem Arbeitgeber gesetzlich vorgeschriebenen Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM, § 84 SGB IX) – umgangssprachlich auch „Krankenrückkehrgespräch“ genannt, abspielen soll, ist die Teilnahme für Sie freiwillig.

Habe ich einen Anspruch, den Inhalt
des Personalgesprächs vorher zu erfahren?

Ja, das haben Sie. Da nicht jedes Personalgespräch für Sie verpflichtend ist, haben Sie das Recht, zu erfahren, worüber Ihr Arbeitgeber mit Ihnen konkret reden will.

Tanja Ruperti, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Berlin

»Sie müssen nicht an einem Personalgespräch teilnehmen, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen nicht sagt, worum es geht.«

Wer bestimmt, wo und wann
das Gespräch stattfindet?

Da es sich um ein Weisungsrecht des Arbeitgebers handelt, bestimmt grundsätzlich dieser, wann und wo das Gespräch stattfindet. Sollte der Arbeitgeber jedoch bei der Wahl des Ortes oder Zeitpunktes für das Gespräch Ihre Interessen zu wenig berücksichtigen, kann dies dazu führen, dass Sie berechtigterweise dem Gespräch fernbleiben können.

Soll Gegenstand des Gesprächs der Vorwurf einer schwerwiegenden Vertragsverletzung sein, die Ihren Arbeitgeber zu einer Kündigung berechtigen würde, muss Ihnen ausreichend Gelegenheit gegeben werden, sich auf das Gespräch vorzubereiten. In Anlehnung an § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz dürfte hier ein zeitlicher Vorlauf von 4 Tagen erforderlich sein.

Was passiert, wenn ich nicht
zum Personalgespräch erscheine?

Das hängt davon ab, ob es sich um ein ordnungsgemäß angeordnetes Personalgespräch handelt oder nicht. Im ersteren Fall kann Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Abmahnung aussprechen, wenn Sie nicht entschuldigt sind (z.B. wegen Krankheit). Bei wiederholtem Nichterscheinen droht Ihnen sogar eine verhaltensbedingte Kündigung.
Bei einem nicht ordnungsgemäß angeordneten Personalgespräch hätten Sie für den Fall, dass Sie eine Abmahnung für Ihr Fernbleiben erhalten haben, Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Darf ich jemanden zum Personalgespräch mitnehmen?

Auch diese Frage lässt sich nicht pauschal mit Ja oder Nein beantworten. Es kommt hierbei zum Einen auf das Thema des Personalgesprächs und zum Anderen darauf an, ob es sich bei der Begleitperson um eine betriebsinterne oder eine betriebsfremde Person handelt.

Rechtsanwalt /Gewerkschaftsvertreter

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat diesbezüglich am 23.5.2001 (14 Sa 497/01) entschieden, dass ein Arbeitnehmer kein Recht hat, gegen den Willen des Arbeitgebers einen Rechtsanwalt zum Personalgespräch hinzuzuziehen.
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die Teilnahme zum Personalgespräch ebenso wie die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers höchstpersönlich wahrzunehmen sei. Der Charakter des Arbeitsverhältnisses verbiete es deshalb, dass der Arbeitnehmer gegen den Widerstand des Arbeitgebers seinen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner – höchstpersönlichen – Pflicht hinzuziehe. Diese gelte unabhängig vom jeweiligen Inhalt des Personalgesprächs. Da der Arbeitnehmer schwerwiegende Fragen nicht sofort beantworten müsse, sondern zuvor Rücksprache mit seinem Anwalt halten könne, sei er ausreichend geschützt.

Allerdings merkte das LAG Hamm in der genannten Entscheidung vorsichtig an, dass es für den Fall, dass auch der Arbeitgeber eine betriebsfremde Person, wie einen Anwalt oder einen Verbandsvertreter zu dem Personalgespräch hinzuzieht, „denkbar erscheint, dass der Arbeitnehmer seinerseits aus dem Gesichtspunkt der Waffen- und Chancengleichheit Anspruch darauf hat, dass auf seiner Seite ebenfalls eine betriebsfremde Personen seines Vertrauens mitwirkt“

Diese Grundsätze dürften auf die Hinzuziehung eines Gewerkschaftsvertreters übertragbar sein.

Betriebsrat

In einigen gesetzlich geregelten Fällen sind Sie ausdrücklich berechtigt, ein Mitglied des Betriebsrats zum Personalgespräch hinzuzuziehen.

Diese Fälle betreffen:

  • die Erörterung einer aufgrund betrieblicher Änderungen erforderlichen Anpassung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten an die künftigen Anforderungen, § 81 Abs. 4 BetrVG
  • die Erläuterung der Berechnung und Zusammensetzung der Vergütung, § 82 Abs. 2 BetrVG
  • die Erörterung der Leistungsbeurteilung sowie der Möglichkeit der beruflichen Weiterentwicklung im Betrieb, § 82 Abs. 2 BetrVG
  • die Einsichtnahme in die Personalakte, § 83 Abs. 1 BetrVG
  • Gespräche im Zusammenhang mit dem Beschwerderecht des Arbeitnehmers bei Benachteiligungen, § 84 Abs. 1 BetrVG

Das Recht auf Hinzuziehung des Betriebsrats in den genannten Fällen haben Sie auch dann, wenn sich nur ein Teil des Gesprächsinhalts auf eines der genannten Themen bezieht.

Schwerbehindertenvertretung

Auch für die Frage, ob Sie Anspruch auf Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beim Personalgespräch haben, kommt es auf den Einzelfall an. Da sowohl die Unterrichtung als auch die Erörterung einer Angelegenheit, die einen schwerbehinderten Menschen betrifft (§ 95 Abs. 2 SGB IX) nicht in Anwesenheit des schwerbehinderten Menschen erfolgen muss, sondern bereits vorher durchgeführt werden kann, muss auch die Schwerbehindertenvertretung nur dann zum Personalgespräch zugelassen werden, wenn sie nicht bereits zuvor beteiligt worden ist.

Möglichst vor dem Personalgespräch anwaltlichen Rat einholen!

Die vorstehenden Ausführungen geben lediglich einen Überblick über die Problematik bei Personalgespräch und ersetzen kein individuelles Beratungsgespräch bei einem fachlich versierten Rechtsanwalt.

Wenn Sie die Gelegenheit haben, vor dem Personalgespräch einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, sollten Sie diese Möglichkeit unbedingt nutzen.

Sollte dies nicht möglich sein, kann ich Ihnen nur dringend empfehlen, während des Gesprächs nichts! zu unterschreiben – insbesondere  keinen Änderungsvertrag oder Aufhebungsvertrag – sondern sich Bedenkzeit zu erbitten und den Vertrag anwaltlich prüfen zu lassen.

Für den Fall, dass Sie bereits etwas unterschrieben haben, sollten Sie sich unverzüglich von einem Anwalt beraten lassen, wie Sie weiter vorgehen sollten.

Ich biete Ihnen hierbei gern meine Unterstüztung an. Rufen Sie mich unverbindlich an und vereinbaren Sie einen Termin bei mir.

Zurück zur Themenübersicht