Inhalt
- Sie haben von Ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung erhalten?
- Was kann abgemahnt werden?
- In welchen Fällen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden?
- Wer darf abmahnen?
- In welcher Form muss die Abmahnung ausgesprochen werden?
- Welchen Inhalt muss eine Abmahnung haben?
- Innerhalb welcher Frist muss eine Abmahnung ausgesprochen werden?
- Wie viele Abmahnungen sind vor einer Kündigung erforderlich?
- Muss der Betriebsrat beteiligt werden?
- Was kann der Betroffene gegen eine Abmahnung tun?
- Im Abmahnungsfall anwaltlichen Rat einholen!
Sie haben von Ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung erhalten?
Die Abmahnung ist gesetzlich nicht geregelt. Sie ist jedoch regelmäßig Wirksamkeitsvoraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung.
Die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer eindringlich aufzeigen, dass der Arbeitgeber mit einem bestimmten Verhalten oder einer bestimmten Leistung des Arbeitnehmers nicht einverstanden ist und der Arbeitnehmer im Wiederholungsfalle mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen muss. Mit der Abmahnung gibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nochmals die Chance, sein (vertragswidriges) Verhalten abzustellen und den Anforderungen anzupassen.
Die Abmahnung ist daher zugleich Vorstufe zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Da eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses immer letztes Mittel einer Streitbeilegung sein soll, muss einer verhaltensbedingten Kündigung im Regelfall zumindest eine erfolglose Abmahnung wegen eines gleichartigen oder ähnlichen Pflichtenverstoßes des Arbeitnehmers vorausgegangen sein. In diesen Fällen ist sie daher zugleich unerlässliche Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung.
Hat der Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen, kann er genau wegen des gleichen Vorfalls nicht mehr kündigen. Mit der Abmahnung hat er dokumentiert, dass er dem Arbeitnehmer nochmals eine Chance geben will.
Tanja Ruperti, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Berlin
»Viele Abmahnungen sind unwirksam, weil der Arbeitgeber die Formalien nicht einhält. Eine spätere Kündigung kann dann nicht darauf gestütz werden.«
Was kann abgemahnt werden?
Gegenstand einer Abmahnung können alle arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers sein, die im Zusammenhang mit der Erbringung der ihm übertragenen Aufgaben stehen. Eine Abmahnung ist vor einer Kündigung immer dort erforderlich, wo es um ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers geht, das der Arbeitnehmer ändern kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitnehmer bei der Arbeit trödelt, zu spät kommt oder gar unentschuldigt fehlt oder privat im Internet surft, obwohl es der Arbeitgeber verboten hat.
In welchen Fällen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden?
Grundsätzlich muss vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung wegen eines gleichartigen Fehlverhaltens ausgesprochen worden sein. Ausnahmsweise ist eine Abmahnung aber entbehrlich, z.B. wenn sich der Arbeitnehmer besonders nachhaltig oder hartnäckig weigert seine Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen oder bei einem besonders schweren Fehlverhalten wie zum Beispiel bei Diebstahl, Unterschlagung, schwerer Beleidigung oder Körperverletzung.
Wer darf abmahnen?
Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass jeder Mitarbeiter, der aufgrund seiner betrieblichen Stellung dazu befugt ist, dem Arbeitnehmer verbindliche Anweisungen zu erteilen, auch berechtigt ist, eine Abmahnung auszusprechen.
In welcher Form muss die Abmahnung ausgesprochen werden?
Es gibt keine gesetzlichen Formvorschriften für eine Abmahnung. Sie muss nicht schriftlich erfolgen. Auch eine mündlich ausgesprochene Abmahnung ist wirksam. Wegen der Beweisschwierigkeiten in einem möglichen späteren Prozess wird die Abmahnung jedoch in aller Regel schriftlich erfolgen.
Die Abmahnung braucht auch nicht ausdrücklich als „Abmahnung“ bezeichnet werden. Ausreichend ist, dass der Arbeitgeber hinreichend deutlich und für den Arbeitnehmer erkennbar zum Ausdruck bringt, dass er ein bestimmtes Verhalten nicht duldet und für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen androht.
Der Arbeitnehmer muss vor dem Ausspruch einer Abmahnung grundsätzlich nicht angehört werden. Etwas anderes gilt nur, wenn ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag eine Anhörungspflicht vorsieht. In diesem Falle muss dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Abmahnung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Sonst ist die Abmahnung unwirksam.
Welchen Inhalt muss eine Abmahnung haben?
Die Rechtsprechung hat für den Inhalt einer Abmahnung klare Kriterien aufgestellt, die jedoch in der Praxis aus Unkenntnis oft nicht eingehalten werden. Eine fehlerhafte oder unvollständige Abmahnung entfaltet jedoch keine Wirkung. Es kann den Arbeitgeber teuer zu stehen kommen, wenn er dem Arbeitnehmer nach vorheriger Abmahnung gekündigt hat und sich (erst) im anschließenden Kündigungsschutzprozess herausstellt, dass die Abmahnung unwirksam war und er sich deshalb zur Rechtfertigung seiner Kündigung nicht (mehr) auf eine vorherige Abmahnung berufen kann.
Eine wirksame Abmahnung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber ein genau bezeichnetes Fehlverhalten rügt (Hinweisfunktion) und dem Arbeitnehmer deutlich vor Augen führt, dass eine weitere gleiche oder ähnliche Pflichtverletzung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gefährdet (Warnfunktion). Der Arbeitnehmer soll eindeutig und unmissverständlich erkennen können, was genau ihm zum Vorwurf gemacht wird und was zukünftig von ihm erwartet wird. Nur dann hat er die Möglichkeit, zu den Vorwürfen gegebenenfalls konkret Stellung zu nehmen oder sich zu rechtfertigen und sein Verhalten künftig entsprechend den Anforderungen des Arbeitgebers einzurichten. Darum muss der Arbeitgeber angeben, wann genau (Datum und gegebenenfalls Uhrzeit) der Arbeitnehmer gegen welche arbeitsvertragsvertragliche(n) Pflicht(en) konkret verstoßen hat.
Schlagwortartige Umschreibungen des Pflichtenverstoßes, wie z.B. „untragbares Verhalten“, „fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit“, etc. reichen hierfür nicht aus.
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer darüber hinaus deutlich zu verstehen geben, dass er im Wiederholungsfalle seinen Arbeitsplatz gefährdet und mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen muss. Eine pauschale Drohung des Arbeitgebers, irgendwelche Schritte oder Maßnahmen zu ergreifen, reicht für eine wirksame Abmahnung nicht aus.
Innerhalb welcher Frist muss eine Abmahnung ausgesprochen werden?
Eine gesetzlicher Frist, innerhalb derer eine Abmahnung ausgesprochen werden muss, besteht nicht. Der Arbeitgeber kann aber sein Recht zur Abmahnung verwirken: Ist bereits eine längere Zeit seit dem Fehlverhalten verstrichen und konnte der Arbeitnehmer damit rechnen, dass eine Reaktion des Arbeitgebers nicht mehr folgt, ist die Abmahnung unzulässig. Es empfiehlt sich daher für den Arbeitgeber, die Abmahnung zeitnah, möglichst innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von dem Pflichtverstoß, auszusprechen.
Wie viele Abmahnungen sind vor einer Kündigung erforderlich?
Grundsätzlich reicht eine Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung aus. Allerdings muss ein Zusammenhang bestehen zwischen dem abgemahnten Verhalten und dem Kündigungsgrund. Es muss sich also bei dem Abmahnungs- und dem Kündigungsgrund um ein gleichartiges Fehlverhalten handeln. Ist der Arbeitnehmer beispielsweise wegen wiederholten Zuspätkommens abgemahnt worden, kann hierauf keine Kündigung wegen Alkoholkonsums im Betrieb während der Arbeitszeit gestützt werden. Eine diesbezügliche Kündigung bedürfte zunächst einer vorherigen Abmahnung für einen solchen Verstoß.
Muss der Betriebsrat beteiligt werden?
Der Betriebsrat hat hinsichtlich einer Abmahnung keine Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Allerdings muss dem Betriebsrat im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG die Abmahnung und eine eventuelle Stellungnahme des Arbeitnehmers mitgeteilt werden.
Was kann der Betroffene gegen eine Abmahnung tun?
Wer glaubt, ungerechtfertigt abgemahnt worden zu sein, hat einen Anspruch auf eine Gegendarstellung, die zur Personalakte genommen werden muss. Er kann auch eine Berichtigung der Personalakte verlangen, wenn unrichtige Tatsachenbehauptungen oder entstellende Beurteilungen in der Abmahnung enthalten sind. Dieser Anspruch ist einklagbar.
Im Abmahnungsfall anwaltlichen Rat einholen!
Die vorstehenden Ausführungen geben lediglich einen groben Überblick über die Problematik und ersetzen kein individuelles Beratungsgespräch bei einem fachlich versierten Rechtsanwalt. Eine anwaltliche Beratung ist daher in jedem Abmahnungsfall zu empfehlen.
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